Ist Sucralose beim Dampfen schädlich?

Zuletzt aktualisiert: 16.07.2020

Sucralose ist eine chlororganische Verbindung und als Süßstoff unter der Nummer E955 als Lebensmittelzusatzstoff zugelassen. Sie süßt etwa 600-mal stärker als Saccharose (Kristallzucker). Sucralose wird nicht nur in Lebensmitteln verwendet, sondern, bis vor kurzem, auch in vielen Liquids.

Nun ist aber um die Sucralose eine Diskussion entbrannt, genauer gesagt um die Stoffe, die bei der Erhitzung von Sucralose entstehen können. Prof. Dr. Bernd Mayer hatte dazu im E-Dampfen-Forum am 06.09.2019 geschrieben:

“Bisher gibt es erst eine publizierte Emissionsanalyse Sucralose-haltiger Liquids, in der allerdings nicht auf Kokeln kontrolliert wurde. Nachdem die Autoren unrealistische Carbonylwerte gefunden haben und der Meinung sind, Nutzer würden das Kokeln zur Befriedigung ihrer Nikotinsucht ertragen (die fehlenden Kontrollen seien also wurscht), glaube ich denen auch die gemessenen Konzentrationen an chlorierten Zersetzungsprodukten der Sucralose nicht.
(Link zur Studie: https://pubs.acs.org/doi/10.1021/acs.chemrestox.9b00047)

Ohne Emissionsanalysen lässt sich die Exposition mit diesen Verbindungen nicht abschätzen. Ich rate aber einstweilen dazu Sucralose-haltige Liquids zu meiden. Die Zersetzungsprodukte sind doch einigermaßen ekelhaft. Zumindest sollten die Hersteller verpflichtet werden, den Sucralosegehalt ihrer Liquids und Aromen zu deklarieren, damit man weiß, woran man ist und selbst entscheiden kann. Als Konsument würde ich die Händler diesbezüglich unter Druck setzen.

Letztendlich war das BfR bei seiner (exzellent recherchierten) Beurteilung der Risiken des Backens oder Bratens Sucralose-haltiger Lebensmittel ebenso ratlos wie ich das bei der Beurteilung allfälliger Risiken beim Dampfen bin.”

In der erwähnten Beurteilung kam das BfR zu dem Schluss:

“Bis zu einer abschließenden Risikobewertung empfiehlt das BfR, Sucralose-haltige Lebensmittel nicht auf Temperaturen zu erhitzen, wie sie beim Backen, Frittieren und Braten entstehen, oder Sucralose erst nach dem Erhitzen zuzusetzen.”

Dabei geht es dem BfR nicht um Sucralose in Liquids, sondern um den Einsatz des Süßstoffs in Lebensmitteln, die üblicherweise erhitzt werden. Da Liquids beim Vernebeln jedoch auch kurzzeitig ähnlichen Temperaturen ausgesetzt sein können, ist diese Beurteilung auch für Dampfer von Interesse.
Diese Empfehlung ist jedoch nicht als Warnung vor Sucralose oder dem Erwärmen von Lebensmitteln, die Sucralose enthalten, zu verstehen. Es handelt sich um eine reine Vorsichtsmaßnahme, da eine Risikobewertung zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich ist.

“Für eine abschließende Risikobewertung fehlen derzeit jedoch Daten. Unklar ist einerseits, welche toxischen Reaktionsprodukte sich im Detail bilden und andererseits, in welchen Mengen sie entstehen, wenn man Sucralose-haltige Lebensmittel auf Temperaturen über 120 °C erhitzt. Ferner sind für die Expositionsschätzung im Rahmen einer Risikobewertung repräsentative Daten zu Gehalten in entsprechend hergestellten Lebensmitteln notwendig.”

Worum geht es genau?

Es geht nicht um die Sucralose an sich, sondern darum, dass sich bei Temperaturen über 120°C aus der Sucralose chlorierte Verbindungen wie Dibenzo-p-dioxine (PCDD) bzw. Dibenzofurane (PCDF) oder Chlorpropanole bilden. Das sind Stoffe, die teilweise bereits in kleinen Mengen toxisch bzw. kanzerogen wirken können. Scheinbar braucht die Bildung nennenswerter Mengen allerdings einige Minuten. Das Liquid in einer E-Zigarette wird in der Regel wiederum nur für wenige Sekunden erhitzt.

Das Hauptproblem ist, dass aktuell nur wenige Daten vorliegen, ob und wie viel dieser Stoffe beim Dampfen gebildet werden. Die Menge der Schadstoffe, die entstehen, hängt nicht nur von der Temperatur und Dauer der Erhitzung ab, sondern von weiteren Faktoren, wie Art und Material der Coil oder Zusammensetzung des Liquids. Nicht zuletzt spielt natürlich auch eine Rolle, wie viel Sucralose überhaupt im Liquid enthalten ist. Daher hatte Prof. Dr. Bernd Mayer am 08.09.2019 auf Facebook klargestellt:

“[…] Im Wesentlichen sage ich, dass
(i) bei Erhitzung von Sucralose toxische Substanzen entstehen,
(ii) aufgrund fehlender Emissionsanalysen unklar ist, ob das Dampfen solcher Liquids schädlich ist und
(iii) man bis zum Vorliegen einer verlässlichen Risikoanalyse Sucralose-haltige Liquids meiden sollte. […]”

Viele Händler hatten in der Vergangenheit bereits reagiert und bieten Versionen ihrer Liquids und Aromen ohne Sucralose an oder verwenden diesen Süßstoff gar nicht mehr.

Der Brangenverband BfTG hatte bereits vor einiger Zeit Prof. Dr. Bernd Mayer mit einem Gutachten zum Thema Sucralose beauftragt. Aufgrund dessen hat er seinen Mitgliedern empfohlen, auf Sucralose vorsorglich zu verzichten.

Untersuchungen der Händlerverbände.

Die Händlerverbände “Bündnis für Tabakfreien Genuss” (BfTG) und der “Verband des eZigarettenhandels” (VdeH) hatten aufgrund der Bedenken bezüglich Sucralose eigene Untersuchungen veranlasst. Das BfTG beauftragte die Vape Research KG von Prof. Dr. Dr. Bernd M. Rode, welche die Untersuchung selber vom Austrian Drug Screening Institute (ADSI) durchführen lies. Die Ergebnisse lagen bereits am 06.04.2020 vor.
Der VdeH beauftragte das Institut für Energie und Umwelttechnik (IUTA) in Duisburg mit der Untersuchung. Die Ergebnisse liegen aktuell (16.07.2020) noch nicht komplett vor.

Bei den Untersuchungen des ADSI konnten verschiedene Schadstoffe gefunden werden, die auf das im Liquid enthaltene Sucralose zurückzuführen sind. Untersucht wurden Liquids mit 0%, 1% und 7,5% Sucralose. Unter anderem fand man 2-Propen-1-ol, 2-Methyl-furan und Chloracetaldehyd. Die Menge des im Liquids befindlichen Süßstoff schien dabei unerheblich für die Menge der gebildeten Schadstoffe.
Bei einem Test mit Zellkulturen konnte nur eine geringe Schädlichkeit festgestellt werden. Es gab jedoch einen signifikanten Unterschied im Vergleich zu unverdampftem Liquid.
Im Bericht des ADSI zogen die Forscher den Schluss:

“Aufgrund der Bildung von hochtoxischen Komponenten während des Verdampfungsprozesses ist von der Verwendung von Sucralose in E-Liquids abzuraten.”

Und Prof. Dr. Dr. Rode fasste die Ergebnisse abschließend folgendermaßen zusammen:

“Aus den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit läßt sich jedenfalls eindeutig folgern, dass die Verwendung von Sucralose in e-Liquids bei höheren Verdampfungstemperaturen unbedingt vermieden werden soll.”

Bei den Untersuchungen, die der VdeH in Auftrag gegeben hatte, weisen laut Verband Zwischenergebnisse darauf hin, dass bei einem Sucraloseanteil im Liquid von unter 0,5% mit keiner signifikanten Bildung von Schadstoffen zu rechnen ist. Hier wurden Liquids mit 0%, 0,1%, 0,25%, 0,5%, 1% und 2% untersucht. Bei einer Konzentration von 1% oder darüber konnte jedoch auch hier die Bildung von potenziell gefährlichen Abbau- bzw. Reaktionsprodukten beobachtet werden. Die abschließenden Ergebnisse sind noch abzuwarten.

Fazit

Nach den ersten Ergebnissen der von den Verbänden veranlassten Untersuchungen lässt sich eindeutig sagen, dass beim Verdampfen von Sucralose hochtoxische Stoffe entstehen können. Dies vor allem bei hohen Temperaturen und Konzentrationen von 1% und mehr Sucralose im Liquid.

Eine eindeutige und sichere Einschätzung des Gesundheitsrisikos ist nur bedingt möglich. Es entstehen zwar zumeist recht geringe Mengen an Schadstoffen, diese sind jedoch extrem problematisch.
Klar ist nur: Unabhängig davon, wie groß das Risiko durch verdampfte Sucralose tatsächlich ist, lässt es sich von jedem Konsumenten vergleichsweise einfach vermeiden. Man muss nur auf Liquids verzichten, bei denen davon ausgegangen werden kann, dass sie Sucralose enthalten.
Die Entscheidung bleibt am Ende (zumindest vorerst) jedem Konsumenten selbst überlassen.

Es ist zu erwarten, dass Sucralose früher oder später in die Liste verbotener Inhaltsstoffe der Tabakerzeugnisverordnung aufgenommen wird.


Vapers.guru: Geleakt: Mögliche Gesundheitsgefahr durch Sucralose in Liquids