Die antimikrobielle Wirkung von Propylenglykol.
Viele Liquids bestehen zu großen Teilen aus Propylenglykol. Bekannt ist, dass Propylenglykol in vernebeltem Zustand eine antimikrobielle Wirkung hat. Es hemmt also die Vermehrung von Bakterien und Viren. Das konnte in Studien aus den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts gezeigt werden1. Es könnte somit sein, dass Viren im Nebel einer E-Zigarette nicht gut überleben können. Wie groß dieser Effekt ist und wie relevant er in Bezug auf Covid-19 ist, lässt sich allerdings nicht sagen.
Aerosole als Verbreitungsweg.
Natürlicherweise entstehen z.B. beim Sprechen Aerosole. Diese bestehen aus sehr feinen, in der Luft schwebenden Tröpfchen. Diese Aerosoltröpfchen sind deutlich kleiner, als die Tröpfchen, die beim Niesen oder Husten entstehen. Daher dauert es auch weitaus länger, bis sie zu Boden fallen. Sie können sich in geschlossenen Räumen über viele Minuten in der Luft halten.
Es gilt mittlerweile als sicher, dass diese Aerosole bereits für eine Ansteckung mit SARS-CoV-2 ausreichen können.
In einer Studie der Universität von Catania2 wurde festgestellt, dass sich das Infektionsrisiko für Umstehende durch das Dampfen um gerade mal 1% erhöht. Zum Vergleich: 6 Minuten reden (ohne Mundnasenschutz) erhöht das Risiko bereits um 44%.
Das zusätzliche Infektionsrisiko durch das Dampfen ist also vernachlässigbar gering.
Der Umweg über das Gerät.
Natürlich gibt es nicht nur den Infektionsweg über die Luft. Auch eine sogenannte “Schmierinfektion” ist möglich. Fasst man eine mit Viren kontaminierte Fläche an und berührt anschließend Schleimhäute im Gesicht, kann das für eine Ansteckung bereits ausreichen. Daher ist es sehr wichtig, das Mundstück der E-Zigarette nicht mit seinen Händen zu berühren, wenn man zuvor möglicherweise mit Viren behaftete Gegenstände (z.B. Klinken, Einkaufswagen, ect.) angefasst hat.
In diesem Zusammenhang sollte auch klar sein, dass man andere Personen nicht an der eigenen E-Zigarette ziehen lassen sollte. Eine direkte Infektion ist auf diesem Weg sehr einfach möglich.
Ob Dampfer öfter bzw. schwerer an Covid-19 erkranken oder nicht, kann man aktuell nicht eindeutig sagen, da in Kliniken der Status einer E-Zigarettennutzung in der Regel nicht erfasst wird.
Raucher erkranken deutlich seltener als Nichtraucher.
Es gibt jedoch Zahlen zu Rauchern. Und da ist zu beobachten, dass im Vergleich weniger Raucher erkranken als Nichtraucher. Zum Beispiel rauchen in den USA3 13,7% der Bevölkerung. Es wäre also damit zu rechnen, dass der Anteil von Rauchern unter den an Covid-19 Erkrankten ebenfalls in dieser Größenordnung liegt. Tatsächlich sind jedoch nur 1,3% der Erkrankten Raucher. Auch in anderen Ländern wird dieses Phänomen beobachtet4 5. In einer israelischen Studie6, die als sogenanntes Preprint vorliegt, stellten die Autoren fest, dass Raucher ungefähr halb so oft an Covid-19 erkranken wie Nichtraucher. Ein Zusammenhang zwischen Rauchen und einem schweren Verlauf der Krankheit konnte nicht beobachtet werden.
Natürlich kann man diese Zahlen nicht einfach auf das Dampfen übertragen. Aber es gibt Grund zu der Vermutung, dass Dampfer im Vergleich ähnlich selten wie Raucher erkranken. Denn es spricht vieles dafür, dass der entscheidende Faktor Nikotin sein könnte.
Es gibt noch viele Unklarheiten und Unsicherheitsfaktoren. Aber einiges deutet darauf hin, dass Rauchen, wie bereits erwähnt, vor der Ansteckung mit dem SARS-CoV-2 Virus schützen kann. Das wäre sehr bemerkenswert. Denn es ist bekannt, dass Rauchen normalerweise das Risiko einer Atemwegsinfektion erhöht.
Jean-Pierre Changeux, ein weltweit führender Neurowissenschaftler, geht davon aus, dass Nikotin die entscheidende Rolle spielt. In einer Arbeitshypothese7 vermuten Changeux und sein Team, dass nikotinische Acetylcholinrezeptoren (nAChR) für die Verbreitung von SARS-CoV-2 im Körper von entscheidender Bedeutung sein könnten.
Bisher wird angenommen, sogenannte ACE2-Rezeptoren seien das Haupteinfallstor für das Virus in die Zelle. Die These besagt, vereinfacht ausgedrückt, dass Nikotin einen Teil der Rezeptoren blockiert. Somit hätte das Virus deutlich weniger Möglichkeiten an diese Rezeptoren anzudocken und in die Zelle zu gelangen. Da sich das Virus nur in der Zelle vermehren kann, würde demnach die Verbreitung im Körper gehemmt.
Im Papier der französischen Wissenschaftler heißt es dazu:
“Nikotin könnte als potentiell vorbeugendes Mittel gegen Covid-19-Infektionen vorgeschlagen werden. Sowohl die epidemiologische sowie klinische Evidenz als auch die Computerberechnungen legen nahe, dass die Covid-19-Infektion eine nAChR-Erkrankung ist, der durch Nikotin sowohl vorgebeugt, die durch Nikotin aber auch kontrolliert werden könnte.”
Die Forscher planen, Nikotin therapeutisch an Covid-19 Patienten zu erproben, die stationär behandelt werden. Dies soll mit Pflastern, Kaugummis oder Präparaten zum Schnupfen geschehen.
Für seriöse Aussagen ist es noch zu früh, aber der Zusammenhang zwischen Rauchen und einem geringeren Ansteckungsrisiko für Covid-19 ist eindeutig. Sollte sich herausstellen, dass tatsächlich Nikotin der entscheidende Faktor ist, hat das natürlich auch eine große Bedeutung für Dampfer. Und es wäre ein großer Schritt für die Eindämmung und Heilung von Covid-19.
Ganz klar: Nein. Auch Raucher bzw. Dampfer erkranken. Der beste Schutz ist immer noch soziale Distanz und die bekannten Hygieneregeln.
Allerdings scheint es so zu sein, dass Rauchen zumindest das Risiko senkt, sich mit SARS-CoV-2 zu infizieren. Wie zuvor erwähnt, könnte dies eventuell auch für Dampfer gelten.
Es gibt sehr viele gute Gründe mit dem Rauchen aufzuhören. Geht man nach den vorliegenden Fakten, dann ist Covid-19 jedoch erst mal keiner. Allerdings könnte es sich für Raucher lohnen, auf das Dampfen umzusteigen. Der österreichische Toxikologe Prof. Dr. Bernd Mayer vermutet:
“Ich würde […] soweit gehen, zu behaupten, dass das Rauchen die (hypothetische) Schutzwirkung von Nikotin teilweise aufhebt. Dass man also als Nikotin-Dampfer besser dran ist als Nicht-Dampfer und Raucher.”
Eine Studie von Wissenschaftlern der kalifornischen Stanford Universität kam zu dem Ergebnis, dass Nutzer von E-Zigaretten ein fünfmal höheres Risiko für eine Covid-19-Infektion haben als Nichtdampfer/Nichtraucher. Dafür befragten die Autoren online über 4.000 Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 13 und 24 Jahren.
Viele Ungereimtheiten und Widersprüche lassen an den Ergebnissen der Studie jedoch gravierende Zweifel aufkommen:
- Der höhere Anteil an positiven Tests von Dampfern beruht auf deren häufigeren Testung im Vergleich zu den Kontrollen (je nach Gruppe drei bis neunmal mehr Tests). Es wurden (von den Teilnehmern der Befragung) 382 Dampfer getestet und 124 Personen, die weder geraucht noch gedampft haben. 50 Dampfer und 17 Niemalsrauchern/Niemalsdampfern hatten ein positives Testergebnis.
Von allen Dampfern, die getestet wurden, waren demnach 13,1% positiv. Bei den Nichtrauchern/Nichtdampfern wurden 13,7% positiv auf Covid-19 getestet. Es gibt also bei den positiven Covid-19-Tests tatsächlich keinen signifikanten Unterschied zwischen Dampfern und Nichtdampfern/Nichtrauchern.
- Bei Dampfern sowie Rauchern, die kürzlich (in den letzten 30 Tagen) gedampft bzw. geraucht haben, ist laut Studie das relative Risiko für eine Infektion geringer, als bei Dampfern und Rauchern, die jemals gedampft oder geraucht haben. Das ist unplausibel.
- Das Risiko einer Covid-19-Infektion ist laut Studie auch bei Rauchern (gering) erhöht. Das widerspricht den bisherigen wissenschaftlichen Daten, die klar zeigen, dass Raucher ein deutlich geringeres Risiko für eine Infektion und einen schweren Verlauf der Erkrankung haben als Nichtraucher (siehe Julia Hippisley-Cox et al.).
- Es ist hochgradig unplausibel, dass laut Studie das Risiko durch gelegentliches Dampfen erhöht, durch regelmäßiges Rauchen aber vermindert wird.
- Von allen bisher identifizierten Risikofaktoren (vom Alter abgesehen), ist der Einfluss von Diabetes Mellitus am größten (1,5 bis 3,5fach erhöhtes Risiko). Wären die Daten der Studie korrekt, wäre die gelegentliche Nutzung von E-Zigaretten in der Vergangenheit der bei weitem stärkste Covid-19-Risikofaktor. Das ist unplausibel.
(Diese Zusammenfassung basiert auf einer Ausarbeitung von Prof. Dr. Bernd Mayer)
Die US-amerikanische E-Zigarettenhändlervereinigung American Vaping Association (AVA) hat eine umfangreiche Stellungnahme zur Studie veröffentlicht.
FAZIT: Die Stanford-Studie lässt auf keinen Fall einen seriösen Schluss darauf zu, ob Dampfer ein höheres Risiko haben, sich mit Sars-CoV-2 zu infizieren. Dafür sind die Ergebnisse in weiten Teilen zu widersprüchlich und unplausibel.
In einer im “Journal of Primary Care and Community Health” veröffentlichten Studie8 konnten keine Hinweise darauf gefunden werden, dass Dampfen das Risiko für eine Covid-19 Erkrankung erhöht. Die Wissenschaftler werteten Daten von über 69.000 Patienten in Mayo-Kliniken aus. Dabei konnte kein Zusammenhang zwischen aktuellem oder ehemaligem Gebrauch von E-Zigaretten und einer Covid-19 Diagnose festgestellt werden.
Die Wissenschaftler konnten hingegen feststellen, das bei Rauchern, jedoch nicht Exrauchern, signifikant weniger häufig Covid-19 diagnostiziert wurde als bei Nichtrauchern.