Informationen zum Umstieg vom Rauchen auf E-Zigaretten für Konsumenten

Offenbar besteht aufgrund diverser Berichte in den Medien bei vielen Rauchern Unsicherheit über die Vor- und Nachteile des Rauchstopps mittels E-Zigaretten. Im folgenden fasse ich die meines Erachtens wesentlichen Punkte kurz zusammen.

Tabakzigaretten
In Tabakzigaretten wird pflanzliches Material (Tabak) verbrannt und der entstehende Rauch inhaliert. Die Schädlichkeit von Rauch ist seit Jahrhunderten bekannt. Deshalb machen Menschen kein Feuer in geschlossenen Räumen ohne Kamin. Neben Kohlstoffmonoxid (CO), das die Sauer­stoffversorgung des Körpers behindert und als Verursacher von Rauchgasvergiftungen bekannt ist, enthält Rauch mehre tausend bei der Tabakverbrennung entstehende Stoffe, von denen viele krebserregend oder anderweitig toxisch sind. Durch die Inhalation von Tabakrauch leiden Raucher daher chronisch an einer leichten Rauchgasvergiftung und erhöhen ihr Risiko für Lungenkrebs und andere bösartige Tumorerkrankungen. Außerdem wird die Lungenfunktion beeinträchtigt, was den bekannten morgendlichen Raucherhusten und in manchen Fällen schwere irreversible Lungen­erkrankungen (Emphysem, COPD) zur Folge hat. Durch Beeinträchtigung des Immunsystems leiden Raucher häufiger an Infektionen, v.a. der oberen Atemwege (Erkältungen, Schleimbildung, “Schnupfen”) als Nichtraucher.

E-Zigaretten
In E-Zigaretten werden Flüssigkeiten (sogenannte Liquids), die – zumeist aber nicht immer – Nikotin enthalten, durch Zufuhr elektrischer Energie (aus Akkus) erhitzt und der entstehende Dampf, korrekt als Nebel zu bezeichnen, wird von den Nutzern inhaliert. Nachdem keine Verbrennung stattfindet, entstehen dabei keine giftigen Verbrennungsprodukte, u.a. also auch kein CO. Bei üblichem Gebrauch werden die Lösungsmittel (Propylenglykol und Glycerin) ebenso wie die zugesetzten Geschmack- bzw. Aromastoffe unverändert verdampft. Sowohl Propylenglykol als auch Glycerin sind harmlose Substanzen, die vom Körper verstoffwechselt werden. Im Dezember 2016 hat die sehr strenge Europäische Chemikalienagentur (ECHA) Propylenglykol, bekannt als Mittel zur Erzeugung von Nebel in Theatern und Diskotheken, auch bei Inhalation als unbedenklich eingestuft.

Nikotin
Nikotin trägt neben anderen Inhaltsstoffen von Tabakrauch zur Abhängigkeit von Rauchern bei, ist aber selbst relativ harmlos. Andernfalls hätten Arzneimittelbehörden Kaugummis, Pflaster, Lutschtabletten und Inhalatoren mit Nikotin nicht für den rezeptfreien Verkauf zugelassen. Nikotin führt ähnlich wie Koffein kurzfristig zu einer leichten Erhöhung von Herzfrequenz und Blutdruck. Das ist bei Gesunden unbedenklich, könnte aber bei Personen mit schweren Herzkreislauferkrankungen (z.B. Angina pectoris oder überstandener Herzinfarkt) und in der Schwangerschaft negative Auswirkungen haben. In allen Fällen ist aber das Dampfen viel weniger schädlich als die Inhalation von Tabakrauch. Gesundheitsorganisationen und medizinische Fachgesellschaften warnen vor der Schädlichkeit von Nikotin in E-Zigaretten, empfehlen aber im selben Atemzug nikotinhaltige Arzneimittel zur Raucherentwöhnung. Das Motiv für diese offensichtlich widersprüchliche Einschätzung möchte ich hier nicht diskutieren.

Restrisiko
E-Zigaretten sind Genussmittel und daher grundsätzlich nicht “gesund”. Als Genussmittel dürfen sie sogar schädlich sein, wie das auch bei Kaffee oder alkoholischen Getränken der Fall ist. Entscheidend ist der Vergleich mit der Schädlichkeit von Tabakzigaretten. Die staatliche Gesundheitsbehörde von Großbritannien Public Health England hat unter Mitwirkung zahlreicher internationaler Experten das Restrisiko von E-Zigaretten abgeschätzt und ist dabei zur Schlussfolgerung gelangt, dass diese mindestens (!) 95 % weniger schädlich sind als Tabakzigaretten. Tatsächlich dürfte das Restrisiko aber noch deutlich geringer als 5 % sein, für potentiell tödliche Erkrankungen wie Krebs oder COPD ist es wahrscheinlich sehr nahe bei 0 %, da die bekannten Verursacher dieser Erkrankungen im Dampf nicht nachweisbar oder nur in Spuren enthalten sind.

Gesundheitliche Verbesserungen
Sowohl publizierte Studien als auch zahlreiche Umfragen und Berichte von dampfenden Ex-Rauchern zeigen, dass der Umstieg auf E-Zigaretten die selben gesundheitlichen Verbesserungen bewirkt wie ein Rauchstopp. Der typische Raucherhusten verschwindet innerhalb weniger Wochen, die Infektionsanfälligkeit nimmt massiv ab und die Kondition verbessert sich. Eine der schwersten Folgen des Rauchens ist COPD, eine irreversible chronische Lungenerkrankung, die mit erheblicher Einschränkung der Lebensqualität einhergeht. Studien und Berichte von Betroffenen zeigen zweifelsfrei, dass das Fortschreiten der Erkrankung durch den Umstieg auf E-Zigaretten ähnlich effizient verhindert wird wie durch völligen Verzicht.

Schadensminimierung
Unter Wissenschaftlern besteht weltweit Einigkeit, dass der Umstieg auf E-Zigaretten eine massive Reduktion des Gesundheitsrisikos von Rauchern zur Folge hat. Viele Gesundheitsexperten lehnen allerdings das Prinzip der Schadensminimierung ab und halten nur Abstinenz für erstrebenswert. Eine ähnliche Diskussion hat in der Vergangenheit über Nadelaustauschprogramme für Heroinabhängige oder AIDS-Prophylaxe mittels Kondomen stattgefunden. Keinen Sex zu haben ist definitiv noch sicherer als Sex mit Kondomen. Offenbar ist aber völlige Abstinenz für eine Mehrheit der Menschen keine realistische Alternative.

Schädigung Dritter (“Passivdampfen”)
Messungen des von E-Zigaretten erzeugten Dampfs, der Ausatemluft von Nutzern und der Belastung “bedampfter” Räume zeigen einhellig, dass die Emission potentieller Schadstoffe weit unter den anerkannten Grenzwerten für Luftgüte und oft unter dem Nachweislimit der analytischen Methoden liegt. Daher ist die Schädigung von im selben Raum anwesenden, nicht dampfenden Personen auszuschließen und Anwendung von Nichtraucherschutzgesetzen auf das Dampfen sachlich nicht gerechtfertigt. Störungen der Befindlichkeit Dritter können nicht Grundlage für gesetzliche Regelungen sein. Allerdings ist der rücksichtsvolle und zurückhaltende Gebrauch von E-Zigaretten meines Erachtens ein Gebot der Höflichkeit anderen gegenüber.
In den Medien liest und hört man regelmäßig, E-Zigaretten würden die Umgebungsluft mit “Feinstaub” belasten. Feinstaub umfasst sowohl die nachweislich schädlichen festen Partikel im Verbrennungsrauch (Zigaretten, Dieselmotoren, Industrieabgase usw.) als auch völlig harmlose Flüssigkeitströpfchen im Nebel, der von E-Zigaretten ebenso erzeugt wird wie von Asthma­inhalatoren und den man bei Spaziergängen an nebeligen Novembertagen inhaliert. Die Warnung vor dem Feinstaub aus E-Zigaretten ist daher als Irreführung der Bevölkerung zu werten.

Empfehlung
Zusammenfassend empfehle ich Rauchern den Umstieg auf E-Zigaretten, womöglich nach Beratung in einem Fachgeschäft (“Dampfshop”). Der Umstieg auf das Dampfen sollte nicht als Raucherentwöhnung interpretiert werden, ein Wort das umgehend Versagensängste und Aversion auslöst, sondern als Umstieg auf eine um Größenordnungen weniger schädliche Alternative zu Tabakzigaretten.

Graz, am 3. Mai 2017

O. Univ.-Prof. Dr. Bernhard-Michael Mayer

Interessenskonflikte
Im Rahmen meiner Funktion als Inhaber des Lehrstuhls für Pharmakologie und Toxikologie an der Universität Graz habe ich in der Vergangenheit als Dienstleistungen honorierte pharmakologisch/toxikologische Fachgutachten für die pharmazeutische Industrie und Hersteller von E-Zigaretten und Liquids erstellt. Von den Auftraggebern bin ich finanziell und ideell unabhängig und stehe in keinem Naheverhältnis zur Industrie.

Als ehemaliger starker Raucher, der vor mehr als 5 Jahren mithilfe von E-Zigaretten schmerzlos mit dem Rauchen aufgehört und die gesundheitlichen Vorteile am eigenen Leib verspürt hat, könnte man mir persönliche Befangenheit unterstellen. Meine Aussagen sind allerdings durch (englischsprachige) Publikationen in Fachzeitschriften belegt. Referenzen zu diesen Studien stelle ich bei Interesse gerne zur Verfügung.

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