Sieben häufig vorgebrachte Argumente gegen das Dampfen

Im folgenden diskutiere ich 7 Behauptungen, mit denen Raucher verunsichert und vom Umstieg auf das Dampfen abgehalten werden sollen. Der Text dient der sachlichen, von ideologischen und finanziellen Motiven unabhängigen Aufklärung der Bevölkerung. Für weiterführende Informationen verweise ich auf meinen Youtube-Kanal “Dampfen statt Rauchen“, wo publizierte Studien und andere Informationsquellen verlinkt sind.

1. Nikotin ist ein hochpotentes Nerven- und Suchtgift, das Herz und Blutgefäße schädigt.
2. Partikel im Dampf lagern sich in der Lunge ab und beeinträchtigen die Lungenfunktion.
3. Der Dampf enthält krebserregende Stoffe, für deren Wirkung gibt es keine Untergrenze.
4. Aromastoffe könnten bei Inhalation schädlich sein.
5. Es gibt noch keine Langzeitstudien.
6. Passivdampfen ist für Nichtdampfer schädlich.
7. E-Zigaretten und aromatisierte Liquids verführen Jugendliche zum Rauchen.

1. Nikotin ist ein hochpotentes Nerven- und Suchtgift, das Herz und Blutgefäße schädigt.
In üblicher Dosierung (Dampfen, Rauchen) imitiert Nikotin einen Teil der Wirkungen einer körpereigenen Substanz (Acetylcholin) und aktiviert dadurch Nervenzellen im Gehirn und im vegetativen Nervensystem. Die Wirkung als Nervengift, also die Blockade der Funktion von Nervenzellen, tritt erst bei massiver Überdosierung auf, die bei Inhalation nicht erreicht wird. Hochpotente Nervengifte sind nicht rezeptfrei in Apotheken erhältlich.
Die Abhängigkeit von Rauchern beruht auf einer Kombinationswirkung von Nikotin mit anderen Inhaltsstoffen des Tabakrauchs zusammen mit konditioniertem Verhalten, dem “Rauchritual”. In Abwesenheit von Tabakrauch ist das Abhängigkeitspotential von Nikotin sehr gering, sodass die meisten Dampfer wesentlich geringeren Suchtdruck verspüren als Raucher. Außerdem sterben Raucher nicht an . ihrer Abhängigkeit sondern an den schädlichen Wirkungen der Inhaltsstoffe des Tabakrauchs.
Im Herz-Kreislaufsystem führt Nikotin, ähnlich wie Koffein, zu einer leichten Erhöhung von Blutdruck und Herzfrequenz. Diese Effekte sind klinisch unbedenklich, das Risiko für schwere Erkrankungen (Herzinfarkt, Schlaganfall) oder Mortalität wird durch Nikotin nicht erhöht. Dennoch sollten Personen mit schweren Herzkreislauf-Erkrankungen auf den Konsum von Nikotin verzichten.

2. Partikel im Dampf lagern sich in der Lunge ab und beeinträchtigen die Lungenfunktion.
Im Unterschied zu Verbrennungsrauch enthält das von E-Zigaretten gebildete Aerosol (Nebel) keine festen Partikel (Teer) sondern Flüssigkeitströpfchen, die sich nicht in der Lunge ablagern können. Die in den Tröpfchen gelösten Stoffe werden ausgeatmet oder von den Epithelzellen (Mundschleimhaut, Atemwege) aufgenommen. Klinische Studien zeigen, dass der Umstieg vom Rauchen auf das Dampfen die Lungenfunktion bei Asthma bronchiale oder COPD verbessert und dass jahrelanges Dampfen keinen Effekt auf die Lungenfunktion von Nichtrauchern hat.
Die Beschaffenheit des Aerosols von E-Zigaretten ist physikalisch identisch mit Aerosolen, die zur inhalativen Therapie von Lungenerkrankungen eingesetzt werden. Je kleiner die Flüssigkeitströpfchen im Aerosol sind, desto tiefer dringen sie in die Lunge ein. Tiefes Eindringen in die Lunge fördert die Aufnahme gelöster Stoffe, hat aber keine gesundheitsschädigende Wirkung der Tröpfchen zur Folge. Es ist klinisch irrelevant, ob sich die Tröpfchen in den oberen Atemwegen oder in den Bronchiolen auflösen.

3. Der Dampf enthält krebserregende Stoffe, für deren Wirkung gibt es keine Untergrenze.
Durch Erhitzung des Liquids werden geringe Mengen an Aldehyden, v.a. Formaldehyd, gebildet. Formaldehyd ist ein endogenes Stoffwechselprodukt, das im Blut zirkuliert und von Menschen ausgeatmet wird. Bei üblichem Gebrauch enthält der Dampf ähnliche Konzentrationen an Formaldehyd wie die Umgebungsluft.
Häufig wird auch vor Nitrosaminen im Dampf gewarnt. Nitrosamine sind in fast allen Lebensmitteln enthalten, im Aerosol von E-Zigaretten sind diese Verbindungen wenn überhaut nur in Spuren nachweisbar.
Entsprechend dem pharmakologischen Grundgesetz der Dosisabhängigkeit von Wirkungen gibt es stets eine Konzentration oder Dosis eines Stoffes, die keine schädliche Wirkung hat. Andernfalls wären Grenzwerte für Schadstoffe in der Umwelt und in Lebensmitteln sinnlos.

4. Aromastoffe könnten bei Inhalation schädlich sein.
Kontrafaktische Behauptungen lassen sich prinzipiell nicht widerlegen. Aromastoffe “könnten” bei Inhalation die Lungenfunktion verbessern (oder vor Haarausfall, Pickeln, Schweißfüßen u.a. schützen). Es gibt keinen Hinweis darauf, dass sich harmlose Lebensmittelaromen in gefährliche Giftstoffe verwandeln, wenn sie nicht verzehrt sondern inhaliert werden.

5. Es gibt noch keine Langzeitstudien.
Die scheinbare Überzeugungskraft dieses Arguments beruht auf der fälschlichen Assoziation des Dampfens mit dem Rauchen, dessen Schädlichkeit erst nach Jahrzehnten erkannt wurde. Dampfen und Rauchen mögen ähnlich erscheinen, sind es aber nicht. Bei der Verbrennung von Tabak werden hunderte krebserregende oder anderweitig toxische Substanzen gebildet, die bei der Verdampfung von Flüssigkeiten nicht entstehen.
Der Verweis auf fehlende Langzeitstudien ist ein Scheinargument, mit dem man jedes beliebige neue Produkt verhindern kann. Weder bei der Zulassung von Arzneimitteln noch bei der Markteinführung neuer Lebensmittel liegen jahrzehntelange Beobachtungsstudien vor. Wenn es keine Hinweise auf Schädlichkeit gibt und auch keine plausiblen Gründe für die Annahme von Schädlichkeit vorliegen, sind die Produkte als sicher einzustufen. Und das ist bei E-Zigaretten definitiv der Fall.

6. Passivdampfen ist für Nichtdampfer schädlich.
Alle publizierten Analysen der Luft von bedampften Räumen zeigen, dass die Konzentrationen von Schadstoffen weit unter den anerkannten Grenzwerten für Luftgüte liegen. Das gilt auch für Nikotin, das zu >95 % im Körper verbleibt, sodass nur Spuren davon ausgeatmet werden und in die Umgebungsluft gelangen.
Deutsche Behörden behaupten regelmäßig, die Inhalation von Propylenglykol, einem Stoff der auch zur Erzeugung von Bühnennebel verwendet wird, würde die Atemwege reizen bzw. irritieren. Den Antrag der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) auf Einstufung von Propylenglykol als atemwegsirritierend hat die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) im Dezember 2016 nach eingehender Prüfung abgelehnt. Es gibt keinen Hinweis auf schädliche Wirkung der Inhalation von Propylenglykol.
Aufgrund der vorliegenden Daten ist Gesundheitsschädigung durch Passivdampfen auszuschließen. Es ist allerdings ein Gebot der Höflichkeit, auf die Befindlichkeit von Mitmenschen Rücksicht zu nehmen und in der Öffentlichkeit entsprechend dezent zu dampfen oder gegebenenfalls darauf zu verzichten.

7. E-Zigaretten und aromatisierte Liquids verführen Jugendliche zum Rauchen.
Epidemiologische Studien weisen darauf hin, dass der zunehmende Gebrauch von E-Zigaretten durch Jugendliche mit einer Abnahme der Raucherquoten einhergeht. Dass Minderjährige durch den Gebrauch von E-Zigaretten dazu verleitet werden auf Tabakzigaretten umzusteigen, ist wenig plausibel und wird durch die verfügbaren Daten nicht unterstützt. Aromastoffe dienen dem Geschmack und damit der Attraktivität von E-Zigaretten für Erwachsene.
Die angebliche Verführung Minderjähriger wäre allenfalls ein Argument für bessere Überwachung der Einhaltung von Jugendschutzgesetzen, begründet aber keinesfalls die Einschränkung der freien Verfügbarkeit von E-Zigaretten für Erwachsene.

Dieser Text wird der Öffentlichkeit für die Verbreitung in Papierform (Ausdruck, Flyer) oder Verlinkung als pdf-File im Internet ohne Einschränkung zur Verfügung gestellt. Bei auszugsweiser Zitierung ist die Quelle gut sichtbar kenntlich zu machen. Änderungen des Wortlauts sind nicht gestattet.

Graz, am 2. Jänner 2019

O. Univ.-Prof. Dr. Bernhard-Michael Mayer
Inhaber des Lehrstuhls für Pharmakologie und Toxikologie
Universität Graz

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